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Bundesgerichtshof: Urteil zu irreführender Werbung mit „Hautfreundlich“

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Werbung für ein Desinfektionsmittel mit der Angabe "Hautfreundlich" ist unzulässig
Werbung für ein Desinfektionsmittel mit der Angabe "Hautfreundlich" ist unzulässig
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Die Werbung für ein Desinfektionsmittel mit der Angabe „Hautfreundlich“ ist unzulässig

Dies entschied der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der unter anderem für Wettbewerbsrecht zuständig ist. Die Bezeichnung verstoße gegen die europäische Biozidverordnung und sei irreführend.

Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, wandte sich gegen eine bundesweit agierende Drogeriekette. Diese hatte ein Desinfektionsmittel als Biozidprodukt beworben und auf dem Etikett unter anderem die Angaben „Ökologisches Universal-Breitband Desinfektionsmittel“ sowie „Hautfreundlich – Bio – ohne Alkohol“ aufgeführt. Die Klägerin argumentierte, dass diese Beschreibung die Risiken des Biozidprodukts herunterspiele und somit einen Verstoß gegen die Biozidverordnung darstelle. Sie klagte auf Unterlassung und verlangte die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten.

Entscheidender Prozessverlauf

Das Landgericht Karlsruhe gab der Klage der Wettbewerbszentrale zunächst in vollem Umfang statt. In der Berufung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe wurde das Urteil jedoch teilweise abgeändert: Der Unterlassungsantrag hinsichtlich der Angabe „Hautfreundlich“ wurde abgewiesen.

Die Klägerin ließ sich davon nicht entmutigen und legte Revision ein. Der Bundesgerichtshof setzte daraufhin das Verfahren aus, um eine entscheidende Frage zur Auslegung der europäischen Biozidverordnung vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) klären zu lassen. Der EuGH stellte im Juni 2024 klar, dass Angaben wie „Hautfreundlich“ unter das Verbot fallen, da sie als „ähnliche Hinweise“ im Sinne von Art. 72 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 gewertet werden.

BGH-Urteil: Klare Grenzen für Werbung

Gestützt auf die Entscheidung des EuGH hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil auf und stellte das ursprüngliche Urteil des Landgerichts wieder her. Nach Ansicht des Gerichts verharmlost die Angabe „Hautfreundlich“ die Risiken des Desinfektionsmittels, das als Biozidprodukt auch potenzielle Gefahren birgt. Diese Verharmlosung steht im Widerspruch zu den Zielen der Biozidverordnung, die eine Minimierung des Einsatzes solcher Produkte anstrebt.

Die positive Darstellung des Produkts durch den Hinweis „Hautfreundlich“ ist wettbewerbsrechtlich unzulässig, da sie gegen das gesetzliche Verbot verstößt und die Verbraucher in die Irre führt. Der Klägerin steht daher ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 3a UWG zu.

Hintergrund der Entscheidung

Das Urteil unterstreicht die strengen Anforderungen an die Werbung für Biozidprodukte. Es betont, dass der Schutz der Verbraucher vor irreführenden Angaben Vorrang hat. Insbesondere dürfen Hersteller die positiven Eigenschaften eines Produkts nicht hervorheben, wenn dies die Risiken in den Hintergrund drängt.

Vorinstanzen im Überblick

  • Landgericht Karlsruhe: Urteil vom 25. März 2021 – 14 O 61/20 KfH
  • Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 8. Juni 2022 – 6 U 95/21
  • BGH: Urteil vom 10. Oktober 2024 – I ZR 108/22  

Quelle: BGH-Pressemeldung Nr. 194/2024 vom 10.10.2024
Bild: pixabay

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