Startseite BundesländerNordrhein-Westfalen Co-Pipeline: FDP wirft Rot-Grün “Verhinderungsgutachten” vor

Co-Pipeline: FDP wirft Rot-Grün “Verhinderungsgutachten” vor

von Frank Baranowski
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(LNP) Schon seit Jahren tobt ein erbitterter Kampf um die Bayer-Pipeline entlang des Rheins. Heute hat die FDP-Fraktion der rot-grünen Landesregierung in einer Aktuellen Stunde vorgeworfen, mit ihrem geplanten Gutachten rund um wirtschaftliche Alternativen zur Pipeline den Start der fast fertiggestellten Röhre weiter zu behindern – zu Lasten des Chemiestandorts NRW. Durch die Pipeline will der Bayer-Konzern Kohlenstoffmonoxid von Dormagen nach Krefeld transportieren. Die Inbetriebnahme konnten Kläger bislang allerdings erfolgreich verhindern. Derzeit läuft ein von der Bezirksregierung wegen Baumängel gefordertes Planänderungsverfahren.

Die Chemieindustrie sei eine Schlüsselindustrie für NRW, betonte Dietmar Brockes, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP. Im Jahr 2005 habe der Landtag daher einstimmig das Rohrleitungsgesetz als Grundlage für die CO-Pipeline beschlossen, erinnerte der Abgeordnete: „Weil wir alle die wirtschaftliche Notwendigkeit dieses Projektes gesehen haben.“ Ohne Frage müsse Bayer die bei der Umsetzung entstandenen Mängel beheben – die Sicherheit der Menschen habe oberste Priorität. Doch das nun von der Regierung geplante „Verhinderungsgutachten“ torpediere das gesamte Projekt. Es könne nicht Aufgabe von Politik sein, wirtschaftliche Entscheidungen für Unternehmen zu treffen.

Auch die SPD habe immer betont, dass die Bayer-Pipeline wichtig sei für den Industriestandort NRW, sagte Rainer Schmeltzer (SPD). Es sei dabei aber stets klar gewesen, dass die Sicherheit der Menschen vorgehe. Deren Kritik und Sorgen hätten CDU und FDP in ihrer schwarz-gelben Regierungszeit jedoch nicht ernstgenommen. „Bayer machte peinliche und schlimme Fehler bei der Prüfung und Planung“, betonte Schmeltzer. Flyerdrucken reiche eben nicht aus. Die rot-grüne Koalition habe sich verpflichtet, Transparenz zu schaffen. „Dazu soll dieses Gutachten auch dienen.“ In diesem Zusammenhang werde die Regierung zudem prüfen, ob es mögliche Alternativen zur CO-Pipeline gebe.

Rot-Grün halte sich selbst zugute, vorsorgende Sozialpolitik zu machen, stellte Hendrik Wüst (CDU) fest. „Die beste vorsorgende Sozialpolitik ist allerdings eine vernünftige Wirtschaftspolitik.“ In NRW heiße  das: Industriepolitik. Auch Wüst betonte, beim Rohrleitungsgesetz seien sich alle Fraktionen einig gewesen. „Das ‚Aber‘ kam erst, als der Protest aufkam.“ Seiner Meinung nach muss Politik aufhören, immer wieder neuen Sand ins Getriebe zu streuen, wenn der rechtliche Rahmen und die Situation vor Ort übereinstimmen. Genau das tue aber die Regierung mit ihrem neuen Gutachten. „Wo kommen wir denn da hin, wenn wir jetzt Firmen vorrechnen, ob sich das, was sie tun, lohnt?“

Verlässliche Bedingungen für den Industriestandort NRW seien in der Tat wichtig, bestätigte Hans Christian Markert (GRÜNE). Es müsse aber immer vermieden werden, dass Chemikalien Mensch und Umwelt gefährdeten. Er forderte daher eine nachhaltige Chemieindustrie für NRW, die „Aktion statt Reaktion“ großschreibe. Markert bezweifelte allerdings, dass Bayer dieses Prinzip beherzige. Seine Fraktion habe von Anfang an dafür plädiert, in Krefeld die CO-Produktion zu erhöhen, und das Gas nicht erst von Dormagen dorthin zu leiten. „Es ist jetzt absolut notwendig, richtig und auch konsequent, dass unser Umweltminister nun eine umfassende Begutachtung in Auftrag gegeben hat.“  

Seine Fraktion entscheide sich nicht für ein Pro oder Contra zur CO-Pipeline, machte Joachim Paul (PIRATEN) deutlich. Stattdessen forderte er transparentere Verfahren und insgesamt eine stärkere Bürgerbeteiligung. Damit folgt er dem Positionspapier, das der Landesparteitag der Piraten im April zur CO-Pipeline verabschiedet hat. Beim geplanten Gutachten signalisierte Paul Unterstützung: „Es ist noch etwas Zeit.“ Der Bayerkonzern selbst habe noch drei Gutachten zur Erdbebensicherheit angekündigt – derzeit lägen erst zwei vor. Zudem stehe im kommenden Jahr noch eine Verhandlung am Oberverwaltungsgericht aus. Paul: „Man muss in dem Moment nicht so eine Welle machen.“

In der Chemieindustrie in NRW arbeiteten 100.000 Menschen in rund 1.000 Betrieben, unterstrich Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) deren Bedeutung. Von der Grundstoffchemie bis zum Spezialprodukt sei alles vorhanden: „Das ist es, woran wir festhalten wollen: Dass wir die gesamte Wertschöpfungskette hier im Land behalten“, betonte der neue Minister. Deshalb sei es erstens wichtig, in die Infrastruktur zu investieren, so etwa die CO-Pipeline. „Der zweite Punkt ist aber, dass wir ein gesellschaftliches Klima brauchen, in dem Akzeptanz wachsen kann“, machte Duin klar. Dazu diene auch das angekündigte Gutachten. Eine Augen-zu-und-durch-Strategie sei fehl am Platz.     

Infokasten: Historie der CO-Pipeline
Am 15. März 2006 beschloss der Landtag mit damaliger schwarz-gelber Mehrheit ein Spezialenteignungsgesetz, um zwischen den Chemieparks Dormagen und Krefeld-Uerdingen eine 67 Kilometer lange Rohrleitungsanlage zum Transport von Kohlenmonoxid (CO-Pipeline) errichten und in Betrieb nehmen zu können.
In den Folgejahren kam es, nicht zuletzt auch aufgrund zahlreicher Bürgerzuschriften, zu mehreren kleinen Anfrage und Entschließungsanträgen der damaligen Oppositionsfraktionen zur Sicherheit der Pipeline und dementsprechend zu mehreren Diskussionen in Plenum und Ausschuss.
Dort berichtete im September 2010 der damals neue grüne Umweltminister Johannes Remmel über einen verhängten Baustopp im Zusammenhang mit Problemen bei der Isolation des verlegten Rohres. Hinzu kamen im Jahr 2011 ein Erdeinbruch sowie ein Gerichtsurteil gegen Teile des Planfeststellungsbeschlusses aufgrund fehlender Prüfungen hinsichtlich Erdbebensicherheit.

Quelle: landtag.nrw.de
Bild-Quelle: landtag.nrw.de / Schälte, Bernd

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