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Zarenurkunde Peters des Großen geht zurück an Ukraine

von Frank Baranowski
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Zarenurkunde

Zarenurkunde geht zurück an Ukraine

(lnp) Originalurkunde Peters des Großen gelangte Ende der 1950er Jahre an die Universität Tübingen ‒ Rückgabe für den 14. März 2019 geplant. Das Land Baden-Württemberg und die Universität Tübingen geben eine Urkunde Peters des Großen an die Ukraine zurück: Die Originalurkunde war seit den 1950er Jahren im Bestand der Bibliothek des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde. Eine deutsch-ukrainische Forschungsgruppe ermittelte, dass die für die ukrainische Kirchengeschichte äußerst bedeutsame Urkunde mit höchster Wahrscheinlichkeit 1941 als Kriegsbeute aus Kiew entwendet wurde.

Wegen der vorliegenden Indizien hat die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und der Universität Tübingen entschieden, die Restitution der Ernennungsurkunde an die Ukraine einzuleiten. Sie wird am 14. März im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes an den Botschafter der Ukraine, Dr. Andrij Melnyk, übergeben.

„Ich bin den Forscherinnen und Forschern aus Tübingen und der Ukraine dankbar für ihre wertvolle Arbeit und ihre Erkenntnisse, wie die Zarenurkunde an die Universität Tübingen gekommen ist. Dass wir diese symbolisch höchst bedeutsame Urkunde, die gewaltsam nach Deutschland gebracht wurde, nun an die Ukraine zurückgeben können, ist zugleich ein Zeichen: Das Land stellt sich seiner historischen Verantwortung“, sagte Kunstministerin Theresia Bauer.

Seit Ende der 1950er Jahre befindet sich die farbige und prunkvoll gestaltete Originalurkunde Peters I. im Besitz der Universität Tübingen. Mit dieser kirchengeschichtlich bedeutsamen Urkunde von 1708 bestätigte der russische Zar die Ernennung des Metropoliten (Erzbischof) von Kiew. Die Urkunde mit Siegelkapsel schmückte jahrzehntelang die Bibliothek des Instituts. Über die Umstände ihres Ankaufs war nur mündlich überliefert, dass Professor Werner Markert, der Gründungsdirektor des Instituts (1953-1965), sie Ende der 1950er Jahre erworben hatte.

Tübinger Osteuropa-Forscherinnen hatten im Frühsommer 2016 ein Projekt zur Erforschung der Provenienz der Urkunde initiiert, bei der es sich um ein Einzelstück handelt. Das Vorhaben wurde vom Auswärtigen Amt gefördert. Die Frage, wie die Zarenurkunde ihren Weg nach Tübingen fand, sollte geklärt werden ‒ besonders vor dem Hintergrund, dass Werner Markert Kontakte zu Personen hatte, die während der NS-Zeit mit der Beschlagnahmung von Kulturgut befasst waren. Ein deutsch-ukrainisches Forschungsteam recherchierte von Juli bis Oktober 2016 intensiv in Archiven in Kiew, Berlin, Freiburg und Tübingen.

Die Historikerinnen und Historiker konnten nachweisen, dass sich die Ernennungsurkunde im Juni 1931 noch in der Vernads’kyj-Nationalbibliothek in Kiew befunden hatte. Vermutlich wurde sie im Oktober 1941 während der deutschen Besatzung mit anderen Bibliotheksbeständen durch das dem Auswärtigen Amt unterstellten Sonderkommando Künsberg (seit Herbst 1942 SS-Sonderkommando Künsberg) abtransportiert. Nach 1945 erfolgte keine Restitution; die Urkunde gelangte in den Verkauf und wurde 1958/59 von Werner Markert für die Universität Tübingen erworben.

Die Projektgruppe empfahl, die Urkunde an die Ukraine zu restituieren. Das Rektorat der Universität Tübingen hat dem zugestimmt. Auf der Grundlage der Empfehlung hat das baden-württembergische Wissenschaftsministerium nach einer rechtlichen Prüfung entschieden, die Urkunde zurückzugeben.

Kontakt
Prof. Dr. Klaus Gestwa
Dr. Katharina Kucher
Universität Tübingen
Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde
Telefon +49 7071 29-72388
klaus.gestwa@uni-tuebingen.de
katharina.kucher@uni-tuebingen.de

Quelle: Pressemitteilung der Universität Tübingen vom 14. März 2019
Bildquelle: Copyright Auswärtiges Amt

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