Startseite BundesländerThüringen Weitere NSU-Unterstützeraktionen in Thüringen – Beteiligung aus Rockermilieu

Weitere NSU-Unterstützeraktionen in Thüringen – Beteiligung aus Rockermilieu

von Frank Baranowski
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(LNP) „Während nächste Woche im Thüringer Landtag der Abschlussbericht zum NSU-Untersuchungsausschuss vorgestellt werden soll, verhöhnen Thüringer Neonazis Opfer des NSU und unterstützen mit Aktivitäten im Freistaat gezielt in München angeklagte mutmaßliche NSU-Unterstützer“, berichtet die Landtagsabgeordnete Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus der Linksfraktion, auch unter Berufung auf zwei Antworten der Landesregierung auf Kleine Anfragen von ihr.

Regelmäßig erkundigt sich Katharina König bei der Landesregierung nach Informationen der Sicherheitsbehörden über bekannte NSU-Unterstützeraktionen seit dem Auffliegen des Trios im November 2011 in Thüringen. Rechtsrock-Konzerte, T-Shirts, CDs, Graffitis und Spendenaktionen zum Geldsammeln gehören beispielsweise dazu, maßgeblich organisiert werden solche Aktionen auch im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt.

Wie das Innenministerium jüngst auf eine Kleine Anfrage bestätigte, fand am 1. März erst wieder eine konspirativ organisierte Musikveranstaltung der Neonazis-Szene im Bereich zwischen Saalfeld und Jena mit einschlägigen Neonazi-Musikern statt, die offenbar als Solidaritätsaktion für den mutmaßlichen NSU-Waffenbeschaffer Ralf Wohlleben diente. Nach Kenntnissen der Abgeordnete nahmen daran sowohl Anhänger des „Freien Netz“ im Bereich Saalfeld als auch ehemalige Mitglieder des „Thüringer Heimatschutzes“ aus der Region teil. Die Landesregierung bestätigt auch die Einschätzung, wonach in Teilen der rechten Szene die Unterstützungsaktionen für den mutmaßlichen NSU-Helfer so viel Raum einnehmen, dass sie andere Aktivitäten partiell überlagern bzw. zum Teil auch nahezu ablösen, beispielsweise im Bereich Jena. „Diese Prioritätsverschiebung und der Rückhalt unterstreichen seine Bedeutung für die rechtsextremistische Szene“, schrieb das Ministerium.

Auch ein weiterer mutmaßlicher NSU-Helfer erhält offenbar entsprechende Unterstützung. Seit letztem Jahr existiert im Internet ein neuer Online-Shop für Textilien namens „Hardliner Streetwear“ im Raum Ostthüringen, der eher unscheinbar mit Symboliken und Musik der rechten Szene wirbt. Der Kopf der damals anonymen Seite zeigte zunächst ein Foto der Festnahme vom Angeklagten und mutmaßlichen NSU-Unterstützer André Eminger, weitere Recherchen erbrachten Hinweise, dass die auf der Seite genutzte Mobilnummer in das familiäre Umfeld des Angeklagten führt. Die Landesregierung erklärte auf Nachfrage, dass sie auch eine Nähe des Betreibers in die rechte Szene vermute. Dieser sei zwar in Thüringen noch nicht aufgefallen, offenbar aber schon anderorts. Zur dubiosen Verbindung der Mobilnummer befragt, mochte die Landesregierung nicht öffentlich antworten und stufte ihre Reaktion mit der Geheimhaltungsstufe „VS-Vertraulich“ ein.

Weitere Nachforschungen zeigten aber ein noch ganz anderes Bild: „Beim Abgleich der Steueridentifikationsnummern fiel uns auf, dass die Betreiber offenbar identisch mit Teilen der Rockergruppierung ‚Stahlpakt MC Gera‘ sind, zumindest wickeln sowohl der Neonazi-Shop als auch die Rockergruppe ihre Online-Geschäfte über ein und die selben Finanzdaten ab“, berichtet König. So betreibt der „Stahlpakt MC Gera“ ein Shopsystem namens „Waffenschmiede“ für Anhänger der Gruppierung. Die Landesregierung teilte auf Nachfrage mit, dass einige der Rocker bislang bei Neonazi-Konzerten und NPD-Veranstaltungen in Gera teilnahmen.

Die Abgeordnete weist außerdem daraufhin, dass auch im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt seit über einem halben Jahr eine neue Nachwuchs-Rocker-Gruppe existiert, die sich aus Neonazis zusammensetzt, mit Hells-Angels Unterstützern anbändelt und deren „Präsident“ aus dem Raum Saalfeld sich als Ordner eines Neonazi-Konzerts in Kahla im letzten Sommer ebenfalls offen mit einem der mutmaßlichen NSU-Helfer per T-Shirt solidarisierte.

„Diese Verbindungen zwischen neonazistischer Szene und Rocker-Milieu sind alles andere als ungefährlich. Umso wichtiger ist es, die Entwicklungen sensibel im Auge zu behalten. Ich hoffe, dass die Landesregierung allmählich von ihrer Analyse, wonach es in Thüringen keine strukturelle Zusammenarbeit zwischen beiden Milieus gäbe, abrückt und die gefährliche Misch-Szene verstärkt in den Fokus nimmt“, betont Katharina König.

Dass es nicht nur bei Geldsammlungen, Konzerten und Solidaritätsbekundungen bleibt, zeigte jüngst auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage ihrer Kollegin Martina Renner im Bundestag, die auch mehrere Gewalttaten nach 2011 mit Bezugnahme auf den NSU auflistete. Da die Bundesregierung auch eine politisch rechts motivierte Brandstiftung im Herbst letzten Jahres nahe Arnstadt mit NSU-Bezug benannte, welche die Thüringer Landesregierung gar nicht erfasst hat, wurde durch Frau König jetzt eine erneute Anfrage an die Landesregierung zu aktuellen NSU-Unterstützeraktionen eingereicht.

Scheinbar in Reaktion auf die jüngste Anfrage im Landtag haben die Betreiber der Online-Shops in Gera bzw. im Altenburger Land ihre Internetseiten verändert, um Rückschlüsse zu verschleiern. Entsprechende Sicherheitskopien stellt die Abgeordnete auf ihrer Internetseite zur Verfügung. Die beiden letzten Anfragen zum Thema sind angehangen, weitere finden sich auf der Website der Abgeordneten unter www.haskala.de

Pressesprecherin
Diana Glöckner
Tel.: 0361 – 377 2293
Fax: 0361 – 3772321
gloeckner@die-linke-thl.de

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