Startseite Landes-Meldungen Oliver Kumbartzky: Keine weiteren Castoren nach Schleswig-Holstein

Oliver Kumbartzky: Keine weiteren Castoren nach Schleswig-Holstein

von Frank Baranowski
0 Kommentare
Oliver Kumbartzky: Keine weiteren Castoren nach Schleswig-Holstein

(lnp) In seiner Rede zu TOP 25a und 25b (Anträge zur atomaren Zwischenlagerung) erklärt der energiepolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky:

„Seit vergangenen Freitag steht höchstrichterlich fest: Die 2003 vom Bundesamt für Strahlenschutz erteilte Genehmigung für das Kernbrennstoff-Zwischenlager in Brunsbüttel ist rechtswidrig. Das Bundesverwaltungsgericht hat in letzter Instanz entschieden und damit eine entsprechende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig aus dem Jahr 2013 bestätigt. Der Kläger hatte Gefahren durch mangelnden Schutz vor terroristischen Angriffen befürchtet. Die Genehmigung aus dem Jahr 2003 enthalte Ermittlungs- und Bewertungsdefizite, urteilten schon seinerzeit die Schleswiger Richter.

Als unmittelbare Folge des Urteils hat der für die Atomaufsicht zuständige Minister Dr. Robert Habeck eine atomrechtliche Anordnung getroffen, mit der die Lagerung des Kernbrennstoffs im Zwischenlager Brunsbüttel bis Anfang 2018 vom Land Schleswig-Holstein geduldet wird.

Die Duldung muss auf das zeitlich absolute Minimum begrenzt sein. Wir gehen davon aus, dass der von Minister Habeck festgelegte Zeitrahmen von drei Jahren auch eingehalten wird. Angesichts der langen Genehmigungsverfahren im Bundesamt für Strahlenschutz erscheinen drei Jahre wirklich sportlich. Aber Minister Habeck wird sicherlich alles dafür tun, damit das Bundesamt zügig über eine neue Genehmigung entscheidet. Das Verfahren muss im Bundesamt auf die Überholspur.

Das Urteil ist zweifelsohne ein politisches Erdbeben. Es kann nicht folgenlos sein. Das Gerichtsurteil hat übrigens auch Auswirkungen auf die weiteren Zwischenlager in Deutschland. Das ganze damals von Rot-Grün unter Federführung von Minister Jürgen Trittin beschlossene Konzept der Standortzwischenlagerung, gerät ins Wanken. Das Zwischenlager in Brokdorf beispielsweise ist nahezu baugleich mit Brunsbüttel. Der große Unterschied ist, dass dort damals niemand Klage erhoben hatte. Minister Habeck erklärte, dass der Bund nun in der Pflicht sei, für jeden Standort aktuelle Untersuchungen zum Risiko von Flugzeugabstürzen oder Terroreinwirkungen in die Wege zu leiten. Schon daran zeigt sich, dass auch der Minister das Urteil nicht nur auf Brunsbüttel bezieht.

Zurück zu den unmittelbaren politischen Folgen des Urteils. Ich möchte zunächst an dieser Stelle an die Regierungserklärung und die Beschlüsse des Landtages vom 24. April 2013 erinnern. Nach dem törichten Vorstoß von Minister Habeck, Brunsbüttel als Zwischenlager für einen Teil der 23 Castoren aus der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield anzubieten, gab es im April 2013 heiße Diskussionen hier im Landtag.

Wir Freien Demokraten haben damals eindringlich darauf hingewiesen, dass das Standortzwischenlager Brunsbüttel noch nicht bestandsfest genehmigt sei. Leider wurde dieser Fakt von der rot-grün-blauen Mehrheit schlicht ignoriert.

Bis heute haben wir in Deutschland lediglich ein einziges genehmigtes Zwischenlager, das den Anforderungen für die Einlagerung von Material aus Wiederaufbereitungsanlagen entspricht. Das ist in Gorleben.

Das dortige Zwischenlager verfügt über mehr als ausreichend Kapazitäten. Und es befinden sich dort genau die technischen Anlagen, die vonnöten sind und die an einem anderen Zwischenlager erst gebaut werden müssten. Oder sollte die aufwändige Reparatureinrichtung gar nicht in Brunsbüttel bzw. Brokdorf gebaut werden? Das kann ich mir nicht vorstellen. Denn das hätte bedeutet, dass wir in Schleswig-Holstein unter Umständen beschädigte Castoren stehen haben, die wir nicht wieder instand setzen können. Denn Fakt ist auch – und auch darauf hat Sie die FDP-Fraktion schon 2013 hingewiesen: Der Castor für Wiederaufbereitungs-Abfälle verliert nach derzeitiger Genehmigung im Falle der Undichtheit sofort seine Zulassung für den Straßen- oder Schienentransport und dürfte daher nicht zur Reparatur nach Gorleben gebracht werden.

Die ursprünglich vorgesehene bundesweite zentrale Lagerung der hochradioaktiven Abfälle aus Wiederaufbereitungsanlagen am Standort Gorleben ist seinerzeit nicht aus sachlichen Gründen aufgegeben worden, sondern war das Ergebnis eines politischen Kompromisses. Das aktuelle Urteil belegt eindeutig, dass die damaligen Absprachen nun nicht mehr einzuhalten sind. Es gibt eine neue Lage.

Durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes und die Tatsache, dass sich bislang bis auf Baden-Württemberg kein weiteres Bundesland neben Schleswig-Holstein zu einer Aufnahme von Castoren aus den Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield und La Hague bereit erklärt hat, sind die vom Landtag am 24. April 2013 gefassten Bedingungen (Drucksache 18/751 neu, 2. Fassung) nicht erfüllt.

Wir haben daher einen Entschließungsantrag eingereicht. Der Landtagsbeschluss vom April 2013 muss heute revidiert werden. Die FDP-Fraktion hat schon 2013 die Position gehabt, dass die letzten Castoren, die aus den Wiederaufbereitungsanlagen nach Deutschland zurückkommen, dorthin verbracht werden sollen, wo sie auch ursprünglich hin sollten. Es zeigt sich nun, dass wir mit unserer Position – insbesondere was die Unsicherheiten und offenen Fragen betrifft – richtig lagen.

Die Behälter aus La Hague und Sellafield muss Deutschland wieder aufnehmen. Das ginge wie gesagt in Gorleben – zumal dort keine aufwändigen Investitionen wie an anderen Orten notwendig wären. Für eine Lieferung nach Gorleben ist allerdings das Atomgesetz zu ändern, und zwar in Paragraph 9a Absatz 2a. Wir fordern die Landesregierung mit unserem Entschließungsantrag auf, sich im Bundesrat entsprechend der geänderten Lage für die nötigen Änderungen des Standortauswahlgesetzes und des Atomgesetzes einzusetzen. Gleichzeitig möge die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass aus den bestehenden Zwischenlagern nicht schleichend End- bzw. Dauerlager werden. Bei der Festlegung des Endlagerstandortes und der Errichtung eines Endlagers darf es keine Verzögerungen geben.

Apropos Verzögerungen: das Urteil hat auch Auswirkungen auf den Rückbau des Kernkraftwerkes Brunsbüttel. Mit dem Beschluss des Bundesgerichts dürfen auch die sich derzeit im Reaktor-Druckbehälter befindlichen Brennelemente nicht in das Zwischenlager gebracht werden. Der Reaktor wird also vorerst nicht brennstofffrei. Damit gerät der Rückbau ins Stocken.

Ich frage mich, was Minister Habeck dazu beitragen will, dass durch die Leipziger Entscheidung die Herstellung der Brennstofffreiheit als Voraussetzung für die Stilllegung und den Rückbau des Kernkraftwerks Brunsbüttel nicht verzögert wird.

Der Rückbau zur grünen Wiese darf nicht verzögert oder zu einem sicheren Einschluss abgeändert werden. Außerdem muss die Sicherheit nach wie vor oberste Priorität haben. Hierzu muss Minister Habeck liefern, anstatt sich nur hinter dem Bundesamt für Strahlenschutz oder der Bundesumweltministerin zu verschanzen.“

Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/ 9881488, Mobil: 0160/1595153, Telefax: 0431/9881497, E-Mail: info@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de/

Das könnte dir auch gefallen