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Klimaerwärmung in der Antarktis: Auswirkungen des Zerfalls von Eisschelfen

von Frank Baranowski
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Klimaerwärmung in der Antarktis: Auswirkungen des Zerfalls von Eisschelfen.

(lnp) Klimaerwärmung in der Antarktis: Wie der Zerfall von Eisschelfen den Meeresspiegel beeinflusst. Internationales Forscherteam untersucht die Dynamik der Eismassen, die bisher von den Schelfen Larsen C und George VI in Schach gehalten werden.

Untersuchung durch Computersimulationen

Ein internationales Forscherteam hat mithilfe einer Reihe von Computersimulationen untersucht, wie stark der Meeresspiegel stiege, wenn Larsen C und George VI, zwei bruchgefährdete Eisschelfe in der Antarktis, tatsächlich zerfallen sollten. Ein Eisschelf ist eine große schwimmende Eisplatte, die von Gletschern oder anderen Eisströmen gespeist wird und mit diesen verbunden ist. Hauptautor der Studie ist Dr. Clemens Schannwell, der die Forschungsarbeiten an der University of Birmingham und dem British Antarctic Survey durchführte und kürzlich an die Universität Tübingen in die Arbeitsgruppe Geodynamik von Professor Todd Ehlers wechselte. Larsen C erregte im vergangenen Sommer große Aufmerksamkeit, als ein eine Billion Tonnen schwerer Eisberg mit der doppelten Fläche von Luxemburg abbrach. Der Zerfall des gesamten Eisschelfs würde allerdings der neuen Studie zufolge nur wenige Millimeter zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen. Der Kollaps des kleineren Eisschelfs George VI hätte dagegen viel größere Auswirkungen. Die Forschungsergebnisse werden im Journal der European Geosciences Union The Cryosphere veröffentlicht.

Dramatischer Vorfall im Jahre 2002

Die Klimaerwärmung auf der Antarktischen Halbinsel führte bereits 2002 zum dramatischen Zerfall von Larsen B., einem Eisschelf nördlich von Larsen C. Damals brach fast das gesamte Eisschelf in wenig mehr als zwei Wochen auseinander – nachdem es zuvor über mindestens 10.000 Jahre stabil geblieben war. „Larsen C ist das nördlichste der noch bestehenden Eisschelfe und daher den wärmsten Temperaturen ausgesetzt. Es wäre der wahrscheinlichste Kandidat für einen künftigen Abbruch. George VI befindet sich weiter südwestlich in einem etwas kühleren Klima, ist aber ebenfalls gefährdet“, sagt Clemens Schannwell.

Die beiden großen Eisschelfe Larsen C und George VI halten derzeit Binnengletscher zurück. Brächen sie weg, könnte der Eisstrom dieser Gletscher schneller in den Ozean fließen und den Meeresspiegel steigen lassen. In der neuen Studie stellen die Wissenschaftler Computermodellrechnungen an, die die Wechselwirkungen zwischen dem Eisschild der Antarktischen Halbinsel und den Eisschelfen simulierten. Danach würden Binnengletscher beim Zerfall von Larsen C im Jahr 2100 nur ungefähr 2,5 Millimeter und zweihundert Jahre später etwa 4,2 Millimeter zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen.

Kleineres Eisschelf, größere Wirkung

„Der Zerfall von George VI würde den Meeresspiegel viel stärker steigen lassen“, sagt Schannwell. Der Simulation zufolge könnte fünf Mal so viel Gletschereis verloren gehen wie bei Larsen C und den Meeresspiegel im Jahr 2100 um acht Millimeter, bis 2300 sogar um 22 Millimeter steigen lassen. George VI liegt eingeklemmt zwischen der Antarktischen Halbinsel auf der einen und der Alexanderinsel auf der anderen Seite. Das Eisschelf misst etwa 24.000 Quadratkilometer und ist damit etwa halb so groß wie Larsen C. Es wird jedoch von größeren Gletschern gespeist, deren Eismassen es bisher sehr effektiv zurückhält.

„Diese Zahlen, die an sich nicht so beeindruckend wirken, sind nur ein Teil einer größeren Rechnung. Zum Anstieg des Meeresspiegels kann der Zerfall zahlreicher weiterer Gletscher in der ganzen Welt beitragen sowie auch von Grönland, den ost- und westantarktische Eisschilden. Wenn man die Wassermassen aus all diesen Quellen zusammennimmt, könnten die Auswirkungen für Insel- und Küstenbewohner gravierend sein“, erklärt Nicholas Barrand, ebenfalls Autor der Studie und Glaziologe an der University of Birmingham.

Ein Warnsignal von der Halbinsel für die ganze Antarktis

„Vor unserer Studie wussten wir nicht, was mit dem Eis stromaufwärts der Antarktischen Halbinsel passieren würde, wenn die Schelfe verloren gehen. Nun ist klar, dass dies große Auswirkungen auf die lokale Umwelt wie auch auf den weltweiten Meeresspiegel haben könnte. Diese Informationen sind wichtig, wenn man den Auswirkungen des Klimawandels effizient entgegenwirken will“, sagt Schannwell. In Anbetracht der steigenden Temperaturen, die für das kommende Jahrhundert vorhergesagt werden, sei die Antarktische Halbinsel ein ideales Modell zur Beobachtung der Stabilität der schwimmenden Eisschelfe, sagt Barrand. „Wir sollten die dramatischen Änderungen auf der Antarktischen Halbinsel als Frühwarnindikator sehen für die Fragilität der großen Eisschildsysteme in anderen Teilen der Antarktis, deren Verlust den globalen Meeresspiegel noch sehr viel stärker steigen lassen könnte.“

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Quelle: Pressemitteilung der Eberhard Karsl Universität Tübingen vom 19. Juli 2018.
Bildquelle: British Antarctic Survey

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