Startseite BundesländerNordrhein-Westfalen Neuropsychologie: Wie das Gehirn Alterserscheinungen ausbremst

Neuropsychologie: Wie das Gehirn Alterserscheinungen ausbremst

von Frank Baranowski
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(landesnachrichtenportal) Je älter wir sind, desto schwerer fällt es uns, die Welt um uns herum zu sortieren. Das Gehirn entwickelt jedoch erstaunliche Strategien, um dem Alterungsprozess entgegenzuwirken. Die Art und Weise, wie Menschen Kategorien bilden, ändert sich im Laufe des Lebens. Das fanden Neuropsychologen der Ruhr-Universität Bochum (RUB) heraus. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Journal Neuropsychologia.

Das Team um Sabrina Schenk und Prof. Dr. Boris Suchan beobachtete jüngere und ältere Menschen bei einer Sortieraufgabe. Es gab zwei Kategorien von Farbkreisen, die sich jeweils in den verwendeten Farben unterschieden. In jeder Kategorie gab es zusätzlich zwei Gruppen von Kreisen: solche, die sich insgesamt stark ähnelten, und solche, die sehr individuell aussahen. Die Versuchspersonen mussten die Kreise den beiden Kategorien zuordnen. Sie lernten erst während des Tests durch Rückmeldungen, welche Kategorien es gab.

Gehirnwellen und Blickrichtung geben Auskunft
Die Wissenschaftler zeichneten nicht nur die Antworten der Teilnehmer auf, sondern über ein Elektroenzephalogramm (EEG) auch die Gehirnwellen und über einen „Eye Tracker“ die Blickrichtung. Das Ergebnis: Sowohl jüngere als auch ältere Probanden hatten keine Schwierigkeiten, die sich ähnelnden Kreise in ihre jeweilige Kategorie zu stecken – die Lernprozesse beider Gruppen unterschieden sich nicht wesentlich. Als sie im Verlauf des Tests jedoch die weniger eindeutigen Exemplare kategorisieren mussten, gab es Unterschiede. Die Einordnung fiel den älteren Versuchspersonen deutlich schwerer.

Gehirn kompensiert mit Aufmerksamkeit
„Es gibt zwei Strategien, wie man einzelne Objekte einer Kategorie zuordnen kann. Während wir ähnliche Mitglieder einer Kategorie ganzheitlich wahrnehmen, müssen wir Ausnahmen gesondert lernen und uns genau einprägen“, erklärt Schenk. „Älteren Menschen fällt es schwerer, von einer Strategie zu der anderen zu wechseln.“ Die Messungen der Gehirnwellen zeigten aber auch, dass ältere Menschen eine höhere selektive Aufmerksamkeit entwickeln.

Einfach gesagt: Sie schauen genauer und aufmerksamer auf die Details als jüngere Menschen. Das bestätigen auch die Daten des Eye Trackers, der die Blickrichtung der Probanden aufzeichnete. „Die Nachteile des Alterungsprozesses kann das Gehirn also bis zu einem gewissen Grad durch erhöhte Aufmerksamkeit ausgleichen“, so Schenk.

Weitere Studien mit Computerspielern
Eine Computersimulation an der kanadischen University of Western Ontario bestätigte die Ergebnisse der Bochumer Wissenschaftler. In einem nächsten Schritt möchte das Team der RUB untersuchen, wie Menschen abschneiden, deren Aufmerksamkeit besonders gut trainiert ist. Dazu wollen sie Computerspieler testen. Wenn die Gamer besonders gut sind, lässt sich daraus vielleicht ableiten, wie ältere Menschen gezielt ihre Aufmerksamkeit trainieren könnten.

Originalveröffentlichung
Sabrina Schenk, John P. Minda, Robert K. Lech, Boris Suchan (2016): Out of sight, out of mind: Categorization learning and normal aging, Neuropsychologia, DOI: 10.1016/j.neuropsychologia.2016.08.013

Förderung
Die Studie entstand im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 874, der seit 2010 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für seine Forschung zu Gedächtnisbildung und Sinneseindrücken gefördert wird.

Pressekontakt
Prof. Dr. Boris Suchan
Arbeitsgruppe Klinische Neuropsychologie Institut für Kognitive Neurowissenschaft Fakultät für Psychologie Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 27575
E-Mail: boris.suchan@rub.de

Quelle: Pressemitteilung Ruhr-Universität Bochum vom 14.09.2016.

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